Mein Liebster hat das Geburtstagsfest vor mir verlassen. Es war ihm zu viel. Er neigt zu Tinnitus! Ich gab mir einen Ruck, blieb, noch unschlüssig und abwartend.
Geholfen hat es nichts. All die Leute. Mit einigen hätte ich gerne gesprochen. Es war zu laut, die Stereoanlage einfach zu schlecht – die Bässe wummerten. No woman no cry, jammerte Bob Marley und Carlos Santana versuchte einmal mehr, seine Black magic woman in den Griff zu kriegen! Bum, bum, bum!
Und dann war da noch die Beleuchtung. Discokugeln die bunte Flecken projizierten: an die Wände, auf die Tische, über die Gäste – im Takt der Musik. Sonst dunkel, düster. Ins Bett gehen, signalisierte mir mein Gehirn – es dunkelt ein, suche Dir ein sicheres Schlaflager.
Ich bin ein Gast, ich weiss, wie ich mich zu verhalten habe: zusammennehmen, plaudern und wenn ein Wort im Lärm versinkt, einfach bejahend lächeln – immer lächeln!
Anfangs fiel es mir leicht. Der Apéro war sehr gut. Der Zopf, mit dem eingeflochtenen Trockenfleisch – Tomatenpüree und grünen Dingern – ausgezeichnet! Ein Glas Sekt, zwei, drei, das Leben war schon etwas leichter.
Die Beine meldeten sich trotzdem. Sie wollen sich bewegen – nichts wie weg, verlangten sie. Ich blieb, drehte aber eine Runde. Kinder beobachten, das ist immer gut. Eine Gruppe spielte Karten: Mädchen, die bald keine Kinder mehr sein würden, Buben, die noch etwas mehr Zeit haben, bis sie soweit sind.
Dann entdeckte ich ihn, den Kleinen mit dem Milchgesicht. Er stand da, inmitten der Lichtflecken – bunte Ovale die vorüberziehen. Er bewegte sich leicht; verfolgte die Flecken, trat entschlossen auf sie, biss in sein Brotstück, nahm einen Schluck Limonade, hielt seine vollen Hände auf halber Höhe, versuchte auch mit ihnen, Lichtpunkte zu berühren. Dann blickte er auf, plötzlich, direkt in meine Augen. Ertappt – ich liess meine Kamera sinken und er schlenderte davon.
Die Pizza war hervorragend. Dann, leider: Warten auf das Dessert! Die Leute assen langsam und redeten laut – drehten die Köpfe, um sich besser zu verstehen, fuchtelten mit den Händen.
Jemand fragte mich, wie es mir ginge: Es ist mir zu laut, zu dunkel, zu dicht, ich werde müde, versinke – in mich selber – irgendwie! Bunte Ovale, die vorüberziehen! Sie sind still, wurde mir klar, als ich sie länger anschaute. Ausblenden, reduzieren, einfach schauen und nicht mehr hören. Bum, bum – weg, Gesprächsgewirr – weg, ich und die bunten Ovale! Sie ziehen über die Wände, die Leute, das Buffet und sind still.
Einfach gehen, vorüberziehen, in die Nacht gleiten! – Meine Jacke vom Hacken nehmen und weg! Ich tat es, atmete durch, wandte mich dem See und dem Mond zu, trat den Heimweg an.
Wortlos, unanständig, das sollten Gäste nicht tun, ich weiss.
Sonntag, 29. November 2015
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