Der rote Schuh – das ist doch ein Buchtitel? Nein, das war ein Seidenschal: Der rote Seidenschal von Frederica de Cesco. Mein Buch der Bücher, weil die Heldin eben eine Heldin ist und nicht so ein braves Mädel, wie die Girls der Turnachkindern am See. Die hüteten ständig Kinder und waren nett.
Aschenputtel war die mit dem verlorenen Schuh, der dann zur Heirat mit dem schönen, reichen Prinz geführt hat. Was ist wohl aus ihr geworden?
Der Schuh hätte Antonietta gefallen. Antonietta! Wir verbrachten drei Jahre zusammen in der Primarschule. Sie hatte mir damals eine Ballerina ins Poesiealbum gezeichnet, das war 1968. Wer hätte gedacht, dass ich 51 Jahre später einen roten Schuh finden würde, der mich an sie und ihre Ballerina erinnert?
Grösse 21, rot, glänzend – wo ist der Mensch zum Schuh? Wie ging er verloren? Ich bin ratlos. Mir kommt nur eine banale Geschichte dazu in den Sinn
Ein Mami steht mit dem Buggy Kinderwagen an der Ampel zwischen dem Bahnhof Brugg und der Apotheke Kuhn. Sie ist mit ihrem Smartphone beschäftigt. Das Kind strampelt herum, der Schuh spickt weg. Das kleine Mädchen schaut zur Mutter, ruft, quengelt. Die Mutter reagiert genervt und geistesabwesend. Sie schreibt ihre WhatsApp-Nachricht fertig. Die Ampel wechselt von rot auf grün. Los geht‘s, über die Strasse.
Der Schuh blieb liegen und wartete auf mich – das ist gut so. Ich nahm ihn geistig sofort in Besitz. Mein Schuh, mein Fundstück! Ich entdeckte ihn, schenkte ihm Beachtung und Bedeutung. Darum: mein roter Schuh. Die anderen gingen an ihm vorbei, den Blick auf die Ampel gerichtet.
Mein Augenblick, mein roter Schuh, meine Erinnerungen – das fühlt sich einfach verdammt gut an.
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