Sonntag, 20. Juli 2014
Immer wieder kommen Worte zu mir, die ich wie Geschenke empfange. Erlebnisdiktatur ist so eines. Es wurde heute am Radio ausgesprochen. Solche Worte elektrisieren und rufen unverzüglich Bilder und Geschichten hervor. Sie sind körperlich spürbar, regen an, auf und ab. Es kann sein, dass ich vom Stuhl jucke, manchmal lache ich mich halb tot. Ist mein Liebster in Reichweite, vertiefen wir uns schnell in geistreiche Gespräche darüber. Schreib das Wort auf, hat er heute gesagt, mein Liebster.
Erlebnisdiktatur! – Da gibt es also eine Instanz, die einem zu Erlebnissen zwingt. Erlebt man nichts, ist man suspekt, unter Verdacht. Wahrscheinlich wird man vermerkt und intensiver beobachtet.
Aber, man erlebt ja immer etwas, wenn man lebt! Es muss sich also um eine bestimmt Art von Erlebnissen handeln, die erlebt werden sollen oder müssen. Die Erlebnisse werden einem diktiert, sonst wäre es ja keine Diktatur.
OMG, ich war so schlecht bei Diktaten! Überall Zeichen, die in eine richtige Ordnung gebracht werden mussten und jemand, der wusste, was richtig ist und ich wusste es nicht und war bis zum bitteren Ende unsicher. Das Ende war meist bitter. Zum Glück war ich aber damals deswegen nicht suspekt, sondern einfach schwach im Diktat.
Was soll ich denn erleben, was wird von mir erwartet? Was gilt es zu erfüllen, was muss getan oder absolviert werden?
Überall Hinweise, Zeichen, Aufforderungen, Angebote! Wie soll man die richtige Auswahl treffen, die Zeichen ordnen, erfüllen, was gewünscht oder diktiert wird?
Was wenn ich auch hier einfach zu schwach bin, alles durcheinander bringe, die Zeichen falsch deute und ordne, Dinge erlebe, die nicht diktiert wurden?
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