Gestern haben Fredu und ich, im Bahnhofhäuschen St. Erhard-Knutwil, ein Abendpicknick veranstaltet.
St. Erhard-Knutwil ist einer jener selten gewordenen Bahnhöfe, vor dem man noch offenes Feld hat. Im Rücken hingegen, kuscheln und drängen sich die Einfamilienhäuschen aneinander.
Die Züge, die von Luzern her kommen, verschwinden am Horizont in die untergehende Sonne, fast wie in einem Western.
Gestern war da auch eine Ameise, der ich den Zimpfel unserer Knebelwurst offeriert hatte. Quirlig nahm sie die Gabe an. Sie zerrte das Stück Fleisch während unserer Mahlzeit ungefähr fünf Meter über den Asphalt. Die Artgenossinnen, die gelegentlich vorbei rannten, blieben kurz bei ihr stehen. Einige drehten eine nervöse Runde um die hart arbeitende Wursttransporterin herum. Es kam keiner in den Sinn zu helfen.
Als einer der Züge hielt und Leute ausstiegen, war ich bereit aufzuspringen, um zu verhindern, dass jemand auf die Ameise tritt. Meine Ameise! Ich stehe für meine starke, tapfere, einsame, mutige Ameise ein, wenn es nötig ist, das ist klar! Ich hätte die Leute weggewiesen!
Nach einem Schluck Wasser aus der Flasche, erhebe mich, um die in der Abendsonne gleissenden Geleise zu fotografieren. Ein Schritt da, einer dort.
Uii, Ameise! Mein Herz setzt vor Schreck eine Sekunde aus. Ein unbedachter Moment kann tödlich sein! Hab ich oder hab ich nicht, ist meine Frage! Meine Augen schweifen über den Asphalt. Ich habe nicht, sie ist noch an der Arbeit, hat einen weiteren Meter zurück gelegt.
Diese Ameise hat eindeutig mein Herz gewonnen, jedenfalls für diese halbe Stunde am Bahnhof St. Erhard-Knutwil, bei Knebelwurst, Käse, Brot und einem Resten Kartoffelsalat vom Vortag. Ich werde mich in 10 Jahren, falls ich noch bei Verstand bin, an sie erinnern, wenn ich am Bahnhof St.Erhard-Knutwil bin, hoffentlich immer noch mit dem Blick auf das freie Feld.
P.S. Es könnte ja auch sein, dass es gar keinen Verstand für die Erinnerung in 10 Jahren braucht!
Sonntag, 07. Juni 2015
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