Heute hat eine meiner Nichten Geburtstag. Ich vergesse ihn nie! Seit zwei oder drei Jahren gratuliere ich nicht mehr mit einer Karte, einem Anruf oder einer SMS. In Facebook kann ich mich auch nicht mehr bemerkbar machen, da ich von ihr gelöscht wurde. Auf diese Art vermeide ich Annäherung und respektiere die Distanz, die sie genommen hat.
Die letzte Mitteilung von ihr war per Mail. Die Beziehung habe sich geändert und zwar schleichend und für sie sei es so ok. Sie wolle kein Gespräch, kein Psychologisieren und überhaupt, sie kenne unsere Tendenz, Gespräche zu dominieren. Sie wolle sich dem nicht aussetzen. Sollte diese Auseinandersetzung weitergeführt werden, meint sie, dann per Mail, damit sich alle klar ausdrücken können und man damit die Übersicht habe, wer was gesagt hat.
Das schreibt meine Nichte, in der ich eine engagierte, gewandte, anspruchsvolle Denkerin sehe, eine Frau der Worte! Ich habe nie daran gezweifelt, dass sie den Austausch mit uns geschätzt hat, gar Vergnügen daran hatte. Nehmt ihr mich heute Abend, lauteten jeweils ihre kurzfristig angekündigten Besuche per SMS. Klar, ok, tippten wir in unser Nokia und freuten uns auf spannende, nachdenkliche, humorvolle oder stille Stunden.
Rückblickend war das erste Anzeichen ein von ihr verschobener Besuch, der dann nie nachgeholt wurde. Das war ungewöhnlich. Ein paar Monate später wurde ich, zusammen mit allen anderen Familienmitgliedern, aus ihrer Facebook Freundesliste entfernt: Nicht persönlich nehmen – ich defriende euch. Reduziere gerade meine facebook- connections auf ein Minimum. Wünsche e schöne Sunnti. Liebe Gruess Da hat es mir langsam gedämmert, dass sich etwas verändert hat. Ich habe geantwortet: na dann, lösch uns halt – uns nicht ins minimum gehörende!
Sie hat heute Geburtstag und trotz ihrem Distanzwunsch, über den ich immer wieder stolpere, denke ich daran. Dazu brauche ich keine Erinnerung meines Kalenders. Dieses Datum ist in mir fest verankert. Ich weiss noch, wie ich mich gefreut habe, damals am 7. August anfangs der Achziger.
Im Spital hielt ich dann ihre Füsse in meinen Händen und wusste, die werden mal so gross wie meine. Schlussendlich hat sie mich um eine Schuhgrösse übertroffen!
Als sie das letzte Mal hier war, hat sie gewünscht, dass wir die Eichhörnchenkarte, die seit Ewigkeiten an unserem Küchenfenster klebt, nie wegwerfen. Sie sei eine so schöne Erinnerung. Die Karte sei für sie schon immer da gewesen, gehöre zu ihrer Kindheit, zu der Zeit, die sie hier bei uns verbracht hat und sie müsse da kleben bleiben.
Sie ist immer noch da, die Karte, und ich auch, die Tante.
Donnerstag, 07. August 2014
Das Eichhörnchen reckt sich im Sprung. Auf welchem Sprung ist wohl die Nicht?
Das Eichhörnchen reckt sich im Sprung. Auf welchem Sprung ist wohl die Nichte?
diesmal mit e – doch was wollte nur dieses Nicht?